Recovery College als Erfolgsmodell etabliert.

Ein Bericht der Bürgerstiftung Gütersloh.

„Wir haben alle Ziele, die wir uns am Anfang gesetzt haben, erreicht“. Da sind sich Professor Dr. Michael Schulz und Andrea Zingsheim vom Verein ReOrGe einig. Er trägt das seit 2020 am LWL-Klinikum angesiedelte Recovery College. Es hat sich als „Fitnessstudio für die Seele“ und offene Bildungseinrichtung für alle etabliert, sich sowohl vom Kursangebot als auch von der Teilnehmerzahl sehr gut entwickelt. Möglich gemacht hat das zum einen die LWL-Sozialstiftung mit ihrer Anschubfinanzierung für das erste Recovery College in Deutschland überhaupt. Zum anderen aber sicherte die Bürgerstiftung Gütersloh in den ersten drei Jahren mit 150 000 Euro den Auf- und Ausbau des Online-Angebots. Es hat das College gut durch die Corona-Krise gebracht hat, als Präsenzseminare nicht möglich waren. Mittlerweile gibt es zudem Podcast-Beiträge, You-Tube-Filme und einen aktiven Blog.

„Uns als Bürgerstiftung ist es wichtig, solche für jeden nutzbare, niedrigschwellige Projekte auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit zu fördern“, erklärt deren Vorstandsvorsitzende Katrin Meyer. „Denn gerade in Angst und Unsicherheit schürenden Krisenzeiten suchen die Menschen nach Angeboten, die ihnen helfen, in der Balance zu bleiben, die Zuversicht und Lebenssinn vermitteln. Aber auch nach Impulsen, um die Selbstwirksamkeit und das persönliche Wachstum zu steigern. All das bieten die breitgefächerten Kurse und Workshops des Recovery College.“ Nicht von ungefähr haben andere Städte wie Bremen, Osnabrück, Stuttgart oder Bern die Idee übernommen.

„Es ist ein Erfolgsprojekt und viele beneiden uns um die Strukturen, die wir schaffen konnten“, bestätigt Professor Dr. Klaus-Thomas Kronmüller, Ärztlicher Direktor des LWL-Klinikums und Dozent am Recovery College. Aktuell gibt es neben den Präsenzseminaren acht Online-Angebote, die mehr als 100 Betroffene erreichen. „Es sind viele dabei, die ihre Wartezeit auf eine stationäre Therapie dadurch überbrücken, dass sie immer wieder verschiedene Kurse am Recovery College buchen“, sagt Professor Schulz.

Gerade ist das neue Programm zum Sommersemester erschienen. Es bietet unter anderem „Mut für neue Visionen“ oder einen „Blick in die seelische Gefühlslandschaft“, aber auch Waldbaden oder ein Selbstführungs-Intensivwochenende an. „Wir wollen uns thematisch immer breiter aufstellen, um noch mehr Menschen zu erreichen“, sagt Andrea Zingsheim. Allerdings gelangt das Recovery College, das bislang im Haus 55 auf dem LWL-Klinikgelände untergebracht ist, bei Präsenzveranstaltungen räumlich an seine Grenzen. „Weshalb wir uns sehr freuen, dass wir im Rahmen der Sanierung des LWL-Festsaals noch in diesem Jahr zwei große, bei Bedarf in vier kleinere Einheiten unterteilbare und technisch modern ausgestattete Seminarräume bekommen“, berichtet Prof. Kronmüller. Angesiedelt werden sie im Sockelgeschoss des zentral gelegenen Gebäudes.

Das kommt zur richtigen Zeit, denn Ende des Jahres will die neue Kinder- und Jugendpsychiatrie am LWL-Klinikum ihre Arbeit aufnehmen. Nach dem Vorbild des Recovery College soll dort dann zur Ergänzung der stationären Angebote ein sogenanntes Discovery College entstehen, mit speziellem Programm für junge Menschen. Was noch nicht geklärt ist, ist die Anschlussfinanzierung für das Recovery College, wenn Ende 2026 die Förderung durch die LWL-Sozialstiftung ausläuft. Allein von den bewusst niedrig gehaltenen Teilnehmergebühren kann es sich nicht finanzieren. „Deshalb sind wir sowohl mit dem Landschaftsverband als auch mit Stadt und Kreis im Gespräch“, sagt Prof. Kronmüller. „Leider gibt es bislang weder landes- noch bundesweit Förderprogramme, die eine so sinnvolle und erfolgreiche Präventionsmaßnahme, wie es das Recovery College ist, unterstützt.“

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Ziehen nach drei Jahren eine positive Bilanz und werben mit neuem Programm fürs Recovery College: (v. l.) Katrin Meyer (Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Gütersloh), Prof. Dr. Klaus-Thomas Kronmüller (Leitender Direktor des LWL-Klinikums) sowie Andrea Zingsheim und Prof. Dr. Michael Schulz vom Verein ReOrGe, der das College trägt.

Text und Foto: Bürgerstiftung Gütersloh